Harald Poelchau

5. Oktober 1903 - 29. April 1972

Hilfe für Verfolgte

Deutschland

Herkunft und Familie

Harald Poelchau wird 1903 geboren. Er wächst in dem kleinen schlesischen Ort Brauchitschdorf (heute Chróstnik, Polen) auf. Sein Vater ist dort evangelischer Pfarrer. Harald Poelchau ist Einzelkind und verbringt viel Zeit allein.

In Brauchitschdorf beobachtet er die großen sozialen Unterschiede zwischen wohlhabenden und armen Bewohnerinnen und Bewohnern. Er empfindet diese Unterschiede als ungerecht.

Als Internatsschüler im nahen Liegnitz (heute Legnica, Polen) schließt er sich mit 13 Jahren einer christlichen Jugendgruppe an und findet enge Freunde.

Studium der Theologie

Harald Poelchau entschließt sich zum Theologiestudium, obwohl er viele Ansichten seines konservativen Vaters nicht teilt und die Kirche teilweise kritisch sieht. Nach Auffassung von Harald Poelchau müssen sich Christinnen und Christen auch für soziale Gerechtigkeit einsetzen.

Er nimmt an Gesprächskreisen mit jungen Arbeiterinnen und Arbeitern teil. Wie sein Hochschullehrer Paul Tillich wird er Anhänger des religiösen Sozialismus.

Weg zum Gefängnispfarrer

1928 heiraten Harald Poelchau und Dorothee Ziegele.

Nach Abschluss des Studiums arbeitet Harald Poelchau in der Jugendgerichtshilfe. Er veröffentlicht zwischen 1930 und 1933 Artikel zu politischen, religiösen und sozialen Themen und kritisiert den erstarkenden Nationalsozialismus.

Am 1. April 1933, kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, wird Harald Poelchau Pfarrer in verschiedenen Berliner Gefängnissen.

1938 wird sein Sohn Harald Stephan geboren.

Hilfe für Häftlinge

Als Pfarrer in den Berliner Gefängnissen Tegel und Plötzensee begleitet Harald Poelchau zahlreiche Häftlinge. Unter ihnen sind Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer aus Deutschland und aus den europäischen Ländern, die von Deutschland besetzt sind. Er leistet seelischen Beistand und praktische Hilfe, übermittelt Nachrichten an Angehörige und versucht, diese zu unterstützen.

Er begleitet über 1.000 zum Tode Verurteilte bis zu ihrer Hinrichtung.

Einige Häftlinge sind enge Freunde von Harald Poelchau aus dem Widerstandsnetzwerk Kreisauer Kreis, die er ebenfalls als Pfarrer begleitet.

Unterstützung für Verfolgte

Harald Poelchau gehört zu einem Netzwerk zur Unterstützung von verfolgten Jüdinnen und Juden.

Er und seine Frau Dorothee organisieren Unterkünfte und gefälschte Papiere, Nahrungsmittel und Kleidung für Untergetauchte. Manchmal verstecken sie auch Menschen bei sich zu Hause in Berlin-Wedding. Diese Hilfstätigkeit bleibt von den Nationalsozialisten unentdeckt.

1945 wird seine Tochter Andrea geboren.

Nach 1945

Nach dem Ende des Krieges setzt sich Harald Poelchau weiterhin für die Angehörigen von ermordeten Menschen aus dem Widerstand ein. Er ist ein wichtiger Zeitzeuge des Nationalsozialismus. Er arbeitet unter anderem als Jugendpfarrer in Berufsschulen.

Harald Poelchau stirbt 1972. Im selben Jahr werden er und seine Frau Dorothee von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern geehrt.

Hilfe für Jüdinnen und Juden

Ab 1933 werden Jüdinnen und Juden von den Nationalsozialisten ausgegrenzt und immer stärker verfolgt. Nur wenige Menschen in Deutschland wollen sich damit nicht abfinden. Sie versuchen den Verfolgten zu helfen.

1941 fällt die nationalsozialistische Führung den Entschluss zum Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden. Dem Völkermord fallen bis 1945 rund sechs Millionen Männer, Frauen und Kinder zum Opfer. Die meisten von ihnen werden erschossen oder mit Giftgas in Vernichtungsstätten in den deutsch besetzten Gebieten Polens ermordet.

In Deutschland entziehen sich einige tausend Menschen, die als Jüdinnen und Juden verfolgt werden, der Deportation durch eine Flucht in den Untergrund. Um zu überleben, brauchen sie meist Unterstützung. Helferinnen und Helfer bilden Netzwerke, um Übernachtungsplätze zu organisieren und die Untergetauchten mit Lebensmitteln und Kleidung zu versorgen. Manchmal besorgen sie auch gefälschte Ausweispapiere und leisten Fluchthilfe.

In Berlin tauchen rund 7.000 Jüdinnen und Juden unter. Etwa 1.700 von ihnen überleben den Nationalsozialismus.